In Wert und Wirtschaft habe ich die Artikelreihe unterbrochen. Ich war mir relativ sicher, dass ich dabei bin mich zu verlaufen. Es geht dabei um die Marxsche Goldtruhe wie sie Schumpeter meine ich genannt hat. Selbst wenn man weiß, dass Geld über eine Bilanzverlängerung erschaffen werden kann oder neuerdings durch definierte Rechenprozesse wie bei Bitcoin, erklärt das letztlich nicht das Kapital. Das ist ein Loch in allen unseren Theorien. Also brach ich bei Wert und Wirtschaft ab, weil mir dieses Loch suspekt war.
Doch eigentlich ist Kapitalbildung etwas ganz anderes und deswegen möglicherweise so schwierig zu fassen. Weil sich Marx so auf die Schaffung von materiellen Werten konzentriert hat und diese Schaffung der Werte dem ausgebeuteten Arbeitnehmer zuschrieb, ist für meine Begriffe die Spur falsch gelegt. Der Arbeitnehmer schafft nämlich genausowenig den Mehrwert wie der Unternehmer den Mehrwert schafft. Grundlage einer jeglichen Kapitalbildung ist letztlich Vertrauen.
Auch ein Vogel kann ein Nest als sein Eigentum betrachten, aber die Grundlage für den Nestbau wird sein, dass es ein Ort ist, wo der Vogel darauf vertraut, dass er seinen Nachwuchs dort sicher aufziehen kann. Eine falsche Wahl wird ihm sein Nest nehmen und letztlich wird er aussterben. Was auch Vögeln auf Inseln passiert ist, die auf dem Boden brüteten, weil es auf den Inseln keine Feinde gab, die ihre Nester zerstörten. Sozusagen haben sich die Marktverhältnisse für die Bodenbrüter mit der Einschleppung von Katzen oder was auch immer schlagartig geändert.
Wir sind wie die Vögel einerseits selbstverständlich an die physikalischen Fakten gebunden. Andererseits hat sich der Affe in seinem Sozialverhalten fortentwickelt und sich sein eigenes Ökosystem geschaffen. Was dem Mensch etwas Wert ist bestimmen nicht alleine das Vertrauen in die Astgabel oder ob es Feinde auf dem Boden gibt. Gold an sich hat keinen Wert, der Wert wird dadurch bestimmt, inwieweit wir Gold vertrauen. Das Kapital des Unternehmers ist auch nicht sein Gold oder sein Geld. Das eigentliche Kapital des Unternehmers ist das Vertrauen, das in seine Unternehmung gesetzt wird. Der Unternehmer selbst ist umgekehrt darauf angewiesen, dass er auf die gesellschaftlichen Verhältnisse vertrauen kann. Ein Sklavenhändler kann sein Geschäft nur solange betreiben, solange er darauf vertrauen kann, dass seine Sklaven etwas wert sind. Ein Sklavenhalter braucht die Sicherheit, dass er diese Ausbeutung betreiben darf und ist im Vorteil gegenüber jenem Unternehmer, der seine Arbeiter bezahlen muss. Ist Sklavenhaltung akzeptiert, dann ist der bezahlende Unternehmer quasi ein Bodenbrüter. Aber selbst wenn es keine Sklavenhalter mehr gibt, ist jener Unternehmer der keine ausreichenden Löhne zahlt, dem Unternehmer der ausreichende Löhne zahlt überlegen. Aber der ausbeutende Unternehmer muss darauf vertrauen können, dass seine Arbeitnehmer nicht weglaufen. Er wird also auf gesellschaftliche Verhältnisse hinwirken, die ihm diese Ausbeutung ermöglichen. Aber der Kapitalist muss auch darauf vertrauen können, dass sein Eigentum sein Eigentum bleibt. Ob ihm das früher der Raubritter oder der Verbund mit anderen Unternehmern oder Besitzern garantierte oder später der Staat ohne diese gesamtpolitische Einordnung wäre seine Unternehmung nichts wert.
Das Vertrauen entsteht nicht grundlos und im Zweifel ist es das Geschick eines Betrügers, Vertrauen zu wecken, wo keine Fakten dahinterstehen. Wer nur einen Getreidespeicher hat und ihn fünfmal verkauft, fliegt solange nicht auf, solange er nicht die Gesamtmenge schlagartig sofort liefern muss. Tatsächlich sind die ganzen Börsenwetten nichts anderes, die Güter müssen niemals vollständig geliefert werden. Es genügt das Vertrauen, dass geliefert werden könnte. Solange der Arbeitnehmer für das ausgezahlte Kapital seinen Lebensbedarf decken kann, solange ist das auch nicht wichtig. Es ist letztlich ein riesiges Vertrauensnetzwerk. Was es aber auch ist, es ist eine heimliche Erpressung. Die einzige Möglichkeit diese Erpressung zu beseitigen, wäre tatsächlich Eigentum abzuschaffen. Dann aber fühlt sich das Individuum in der Regel nicht mehr verantwortlich. Das wäre so, wie wenn der Vogel das Nest verlässt und nicht mehr als sein Eigentum betrachtet, dann zerfällt das Nest.
Doch die Gemeinschaft aller Menschen hat durchaus die Möglichkeit sich Regeln zu geben und dabei dürfte eines Gewiss sein, dass die Ansammlung von Eigentum in wenigen Händen schädlich ist. Es mindert nicht nur die Risikoverteilung, sondern übt auch schädliche soziale Einflüsse aus. Vor allem schwächt es das Vertrauen in eine Versorgungssicherheit.
Kapital lässt sich mit einem Federstrich vernichten, vorausgesetzt denjenigen, die die Feder führen, wird vertraut. Aufgrund der Flexibilität der heutigen Weltwirtschaft müsste das dann allerdings weltweit geschehen, was unwahrscheinlich aber nicht ausgeschlossen ist. Aber vorher vernichtet der Kapitalist in seiner Gier wahrscheinlich den Planeten womit das Wirtschaften sowieso ad absurdum geführt wird.
Ohne Vertrauen gibt es kein Kapital..
Kapital entsteht durch Vertrauen.